Guten Morgen, Mr. Perfect

Ich betrachte die karierte Seite meines Collegeblocks, vollgemalt in schönster Schmierschrift mit den Eigenschaften, Charakterzügen, Wissensanhäufungen und Titelbezeichnungen einer für mich perfekten Lehrperson – und unter uns gesagt klingt das, was ich mir da überlegt hab, ganz nach der berühmt-berüchtigten eierlegenden Wollmilchsau.
1. Nun beginne ich mal mit den „soften“ Dingen im Leben. Flexibel und spontan sollte die Lehrperson sein, denn Interdependenzen im Unterricht, individuelles Eingehen auf Einzelne und Unvorhergesehens sollte souverän gemeistert werden. Ausstrahlung und Charisma bringen Glaubwürdigkeit und natürliches Interesse am Lehrstoff. Ehrlichkeit, Engagement und wahre Lust am Unterrichten steigern dieses Phänomen.

2. Darüber hinaus ist „meine Lehrperson“ ein Teamplayer, der die Gruppe der Lernenden sowohl zusammenhält, als auch den Überblick über Dynamiken, Untergrüppchen und Stimmungen im Team behält.

3. Ein sicherer und vielfältiger Umgang mit unterschiedlichsten Methoden und Medien ist natürlich selbstverständlich.

4. In Bezug auf Fachidiotie hat die Person Glück. Denn sie sollte zwar wissend, aber nicht allwissend sein – wobei der Umgang mit Unwissenheit kein Problem darstellt, sondern im Gegenteil, vereint mit Ehrlichkeit, progressiv als Ansporn und „Hierarchiestufenverkleinerung“ genutzt wird.

5. Also eher in Richtung Generalismus vereint die perfekte Lehrperson den Manager und Organisator in sich – und lehnt sich damit ein wenig an Luhmanns Schulter und systemtheoretische Didaktik an.

6. Vor allem aber ist „mein Mr. Perfect“ ein Coach und Trainer ganz nach der Lehre des gemäßigten Konstruktivismus , der sich selbst zurücknimmt, Hilfestellung aus dem Hintergrund zum Selbstlernen und lebenslangen Lernen gibt, mit richtigen Fragen seine Schützlinge zum Weiterfragen ermutigt und das Problemlösen lenkt, ohne eine Richtung vorzugeben.


Und was schwimmt in der Kompetenzwanne?

Die Kompetenzwanne nach Döring umfasst fünf Gruppen verschiedener Kompetenzen. Die oben aufgeführten Merkmale der eierlegenden Wollmilchsau lassen sich diesen gut zuordnen.

Statt von Charisma, Ehrlichkeit und Engagement (1.) spricht Döring von Persönlichen Kompetenzen und der Lehrendenrolle als Vorbild und Model. Der Teamplayer (2) lässt sich im sozialen Fachmann für Gruppen mit Sozialen Kompetenzen wiederfinden und das Nutzen verschiedenster Medien und Methoden (3) umfasst die Didaktische Kompetenz.

War sie in früheren Zeiten die wichtigste, so ist die Fachliche Kompetenz heute nur eine von vielen Kompetenzen in der Wanne. Diese Kompetenz umfasst das Wissen (4), wobei Döring sie noch um praktische Fähigkeiten erweitert.
Organisatorische Kompetenzen zeigt der Manager und Organisator (5).
Als Coach und Trainer (6) ist der Lehrende Dienstleister und betreibt „Didaktik von unten“ im Sinne Dörings. Als ganzheitliches Leitbild konzentriert sich die perfekte Lehrperson auf die Teilnehmer, wodurch die Komplexität der Lehrendenrolle deutlich wird.
Diese Rolle zeigt sich human und lässt Freiraum für ein erfülltes Berufsleben. Dies ist Realität – ganz im Gegensatz zur Wollmilchsau.

1 comment:

  1. *Schmunzel* :) - das Bild der eierlegenden Wollmilchsau stellt sich bei mir auch immer wieder ein, wenn ich an die perfekte Lehrperson denke. Mir hat es gut gefallen, wie Du Deine "Anforderungen" in den Ansatz von Döring überführt hast!

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